4. OSE Symposium

Referenten: RA Konstantin Ewald (Köln) und Harald Riegler (Berlin)

Moderator: RA Christian Kast (München)

Zum ersten Mal wurde im Rahmen eines OSE-Symposiums näher beleuchtet, welche Rolle Escrow bei Unterhaltungssoftware spielt. Damit trägt OSE der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung der Games-Branche, die längst die Film- und Musikindustrie überflügelt hat, Rechnung. Die Referenten wiesen darauf hin, dass alleine in Deutschland mit Konsolen-, Computer- und Videospielen im Jahr 2007 ein Umsatz in Höhe von ca. 2,3 Mrd. Euro erwirtschaftet wurde (weltweit in 2008: 61 Mrd. US-Dollar).

Die Referenten zeichneten zunächst den Ablauf einer Spieleentwicklung auf Basis eines typischen Development und Publishing Agreements nach. Es handele sich dabei um eine werkvertraglich geprägte Auftragsproduktion. Der Publisher finanziere die Entwicklung vor und übernehme dann die Vermarktung des Spieles. Geprägt sei der Entwicklungsprozess durch eine intensive Kooperation zwischen Developer und Publisher. Mit Abnahme des sogenannten Gold-Masters beginne die Vermarktungsphase. Der Developer könne am Markterfolg des Spieles schließlich über Lizenzmodelle partizipieren, die in verschiedenster Ausprägung am Markt zu finden seien.
Die Referenten erläuterten sodann die Besonderheiten der Spieleentwicklung gegenüber der klassischen Softwareentwicklung. Zu berücksichtigen gelte es hier insbesondere, dass sich bisher für die Programmierung der Spielesoftware keine Qualitätsnormen durchgesetzt haben. Daneben habe sich in der Praxis die Komplexität durch die Verbindung mit der Filmbzw. „Kreativwirtschaft“ häufig als Hürde erwiesen. Beide Referenten betonten, dass trotz der Komplexität und der erheblichen Umsatzvolumina, die in der Branche bewegt werden, das Bewusstsein für die rechtlichen Probleme bei der Spieleentwicklung noch nicht immer hinreichend entwickelt sei. Gerade im Hinblick auf Escrow sei jedoch eine Steigerung des Problembewusstseins erkennbar. Die Praxis in der Spieleindustrie wende schon verschiedene Escrow-Lösungen an. Meist werde die klassische „physische“ Hinterlegung des Source-Codes nach Beendigung oder auch laufend während des Projekts auf einem Datenträger vereinbart. Die Praxis habe jedoch gezeigt, dass dies nicht selten prekär ist, weil es schlicht vergessen wird. Größere Studios arbeiten daher inzwischen zuweilen mit „Versionskontrollsystemen“, auf die der Publisher online Zugriff erhalten kann. Dabei werde der Source-Code automatisiert täglich oder wöchentlich auf einem Server zur Verfügung gestellt und verschlüsselt. Es werde nur noch der Schlüssel hinterlegt. Allerdings handele es sich hierbei um eine technisch sehr aufwendige Lösung, die auch entsprechendes Know-how erfordere.

Die Referenten stellten abschließend fest, dass Hinterlegungsvereinbarungen auch in der Spieleindustrie ein geeignetes Mittel zum Ausgleich der divergierenden Interessen darstellen. Eine besondere Rolle komme Escrow gerade bei der Absicherung von Folgeproduktionen zu. Ziel des Publishers sei es dabei, den Source-Code zu erhalten, um die Möglichkeit zur Entwicklung von Folgeproduktionen durch Dritte abzusichern und nicht von einem Developer abhängig zu sein. Andererseits habe auch der Developer ein Interesse, dass er den Source-Code bei einer Nichteinigung über die Folgeproduktion nur gegen entsprechende Vergütung und vorheriger vertraglicher Absicherung des Know-how-Schutzes freigeben muss. In der Praxis würden hierzu verschiedene Kompromissmöglichkeiten diskutiert.